Magister Philipp Friedrich Hiller und seine Zeit
Geboren am 6. Januar 1699 in Mühlhausen an der Enz
Gestorben am 24. April 1769 in Steinheim am Albuch.
Pfarrer von 1748 bis 1769 an der Peterskirche zu Steinheim am Albuch.

Geburtshaus von Philipp Friedrich Hiller
Philipp Friedrich Hiller gehört zu dem Menschenkreis seiner Zeit, der die schwäbische Geistesgeschichte prägte und das religiöse Leben bereicherte.
Sein Lebenslauf ist im Internet unter www.muehlhausen-enz.de nachzulesen.
Walter Stäbler schreibt im ersten Aufsatz des Hiller gewidmeten Buches „Gott ist mein Lobgesang“ „… und man bekommt den Eindruck, dass sich die Persönlichkeit Hillers gleichsam entzieht, je näher man ihr beim Betrachten seiner wichtigsten Lebensstationen kommt …“

Wenn im aktuellen Kirchengesangbuch der Evangelischen Landeskirche in Württemberg nur noch wenige Liedtexte von Hiller zu finden sind, mag dies daran liegen, dass das damalige religiöse Empfinden, vor einem viertel Jahrtausend, ausgedrückt war mit Worten des damaligen Sprachgebrauchs des einfachen Volkes.

Hillers Lebensumfeld

Hiller kann man nicht verstehen ohne auf die beiden „Väter des Schwäbischen Pietismus“ hinzuschauen, auf Johann Albrecht Bengel und Friedrich Christoph Oetinger. Bengel, für den seine ererbte Seelenfrömmigkeit Basis seines Lebens war; Oetinger, der sich durch unendliche Zweifel, in seiner Jugend nach seinem Theologiestudium, zu seinem persönlichen religiösen Selbstverständnis durchzukämpfen hatte.
Bengel lebte noch in einer inneren Welt des religiösen Übersinnlichen. Sein inneres Gespür führte ihn über die jüdische Kabbalistik zu der Überzeugung, die Zahlengeheimnisse der Johanneischen Offenbarung würden darauf hinweisen, dass Mitte des 19. Jahrhunderts eine grundlegende Wandlung des religiösen Empfindens stattfinden wird, dass das Tor zum Übersinnlichen geschlossen werden wird. David Friedrich Strauß leitete diesen Prozess drei Generationen später mit seinem Buch „Das Leben Jesu“ tatsächlich ein.
Oetinger, der jugendliche Freund und Schüler Bengels, reist dem betagten Bengel, der in Herbrechtingen amtet, ins Brenztal nach, nach Schnaitheim für eine kurze Zeit. Doch es hält ihn dort nicht lange. Er gleicht in gewissem Sinne Paracelsus von Hohenheim, dem Arzt, der zweihundert Jahre früher Europa bereiste. Ein unendlicher Wissensdrang führt Oetinger zum Studium nicht nur der Kirchenväter sondern auch der rabbinisch-jüdischen Literatur und der griechischen Propheten. Er lebt im weiten geistigen Raum des Christentums und pflegt Umgang mit Menschen der Universitäten und der Fürstenhäuser wie auch mit einfachen Bauersleuten und Menschen seiner Pfarrgemeinden. Als die Karlschule (Herzog Carl Eugen) zur Universität vorbereitet wird stirbt im Jahr 1782 der 80jährige Oetinger.

Friedrich Daniel Schubart (in Aalen aufgewachsen) ruft ihm nach:
Carl baut ein schwäbisches Athene!
Und ach! Im Pomp der Weihe fällt
Des Weisen und des Christen Träne!
Denn Oetinger, der Lehrer einer Welt,
Er, der ins ungeheure Ganze mit Seheraug‘ geblickt,
Und ungeblendet von dem Glanze
Des Wahns mit Einfalt sich geschmückt …
Ja, Oetinger flog auf in jene Kreise. –
Senkt weinend ihn ins dunkle Grab hinein!
Denn er – der Christ! Der Edle! Und der Weise!
War eine hohe Schul allein.

In diesen Zusammenhängen - diese Menschen kannten sich alle – in diesen Zusammenhängen lebt Philipp Friedrich Hiller. Und er verliert seine Stimme im Sterbejahr Johann Sebastian Bachs für sein noch zwanzig Jahre währendes Leben. Er wendet sich verzweifelt an seinen väterlichen Freund und Lehrer Bengel, der ihn bestärkt, in seiner Arbeit nicht nachzulassen, der Arbeit an seinen Liedtexten, die er seit seiner Jugend pflegt. Hiller durchlebt sein individuelles Hiob-Schicksal: in Steinheim angefeindet, bemitleidet und von den Wissenden geschätzt. Für seine Arbeit für die Steinheimer Gemeinde wird er dauernd von einem Vikar unterstützt. Der Vikar übernimmt den Predigtdienst.

Philipp Friedrich Hiller stirbt im siebzigsten Lebensjahr am 24. April 1769 in Steinheim.

Das Erbe Hillers

Hiller hinterlässt u.a. die Sammlung seiner Liedtexte,
das „Geistliche Liederkästlein zum Lobe Gottes“.
Er übergibt dieses seiner herzlich geliebten Ehegattin
Maria Regina Hillerin, geborene Schickardtin.
Im Vorwort schreibt er:

Nun leb ich noch; Gott ließ mich bleiben
Und ließ mich diese Sprüchlein schreiben;
Die schrieb ich dir in Liebe zu.
Nur Jesus bleibe bei uns beiden,
So singen wir, wenn wir uns scheiden,
Sein ewig Loblied, ich und du.

Hier spricht er noch „Nur Jesus bleibe bei uns beiden“. Doch im zweiten Bande seines „Liederkästleins (14. Juli) geht er in seiner Gotteserkenntnis mit Paulus viel weiter (Galater 2.20). Im 3. Vers spricht er das reifste Gottesbekenntnis aus: „Ich lebe, aber nun nicht ich, nein, Christus lebt in mir, das kommt dem Fleische wunderlich, dem Glaube selig für.“ Diesen „Hiob-Weg“ von Jesus zu Christus geht er, und die Gläubigen, die auswandern, nehmen sein Büchlein, sein Gottvertrauen mit hinaus in die Welt, ob nach Russland oder in die Fernen des Südamerikanischen Kontinents. Für sie ist die Dichtung Hillers über Generationen Seelennahrung, sie ist das, was aus der schwäbischen politischen Enge hinausgetragen wurde in die Welt. Hiller ist der Schwabe, der die schwäbische religiös-innige Geisteskultur mit seinem Werk über Jahrhunderte erhalten hat in vielen Kontinenten. Das ist die geistige Frucht des Philipp Friedrich Hiller. Während dieser Same in den Weiten der Welt aufging, erstarb in unserem Raum langsam das religiöse Selbstverständnis zur Welt des Übersinnlichen.

Gibt es für Hiller eine Gedenkstätte?


Es ist wahrscheinlich, dass im 9. Jahrhundert in Steinheim die erste Peterskirche als kleiner sakraler Steinbau errichtet worden ist unter der Herrschaft des Fuldaer Benediktinerklosters. Im Mittelalter ist ein Kirchenbau im Zusammenhang mit dem Augustinerorden auf dem Klosterberg, also dem Zentralhügel des Meteoritenkraters, dokumentiert.
Die Vorgängerin der heutigen Peterskirche war „die untere Kirche“. Die obere Kirche auf dem Klosterberg, die Nikolauskirche, war Bestandteil des Augustiner-Chorherrenstifts. Darüber hinaus gab es in Sontheim eine Stephanskirche, in Küpfendorf eine Johanniskirche und in Westheim eine Wendelinskapelle. Bis auf die Peterskirche gingen die anderen Kirchen ab.
Philipp Friedrich Hiller war der letzte Pfarrer, der in der mittelalterlichen Peterskirche, die den 30-jährigen Krieg beschädigt überstanden hatte, dauerhaft seinen Dienst tat. Er wurde an der Südfront dieser Kirche auf dem damaligen Steinheimer Kirchhof begraben. Der Hiller nachfolgende „Baupfarrer“ Johann Gottlieb (Theophil) Offterdinger amtete von 1769 bis 1790. Offensichtlich wurde Offterdinger von Stuttgart aus eingesetzt mit dem Ziel, die baufällige Peterskirche im relativ wohlhabenden Steinheim zu erneuern. Schon zu Hillers Zeiten war an einen Neubau gedacht. Es entstand ein wesentlich größerer Sakralbau unter Beibehaltung des Kirchturms. Damit war schon im Planungsstadium der neuen Kirche in Kauf genommen worden, dass die neue und größere Kirche das Grab Hillers wenigstens teilweise überdecken wird.
Zehn Jahre nach Hillers Tod, am 23. April 1779, war die Grundsteinlegung für die neue Kirche. Es entstand eine klassische Saalkirche mit stuckverzierten Emporbrüstungen und einer Schiffsdecke mit einfachen Stuckaturen. Die Einweihung fand am 6. November 1779 statt.
Erhalten ist von der alten Kirche der Taufstein und die Grabtafel Hillers, die wohl ursprünglich, wie die Grabtafel Zillers heute an der neuen Kirche, außen an der Südseite des Kirchenschiffs der mittelalterlichen Kirche befestigt war.
Bei der Neugestaltung des Innenraumes der Peterskirche in den Jahren 1954 bis 1958 wurde das Kruzifix und der Altar von der Ostseite auf die Südseite des Kirchenraumes versetzt und damit auch die Sichtweise der Gläubigen zum Altar nach Süden ausgerichtet.
Aus welchen Gründen auch immer ein derartig ungewöhnlicher Eingriff in den Gottesdienstraum vorgenommen wurde, diese Umsetzung erfolgte bewusst oder unbewusst so, dass die Grablege von Philipp Friedrich Hiller in unmittelbarer Nähe des Altars und des Kruzifix anzunehmen ist. Über eine Exhumierung von Hillers sterblichen Überresten zur Zeit der Grundsteinlegung des jetzigen Kirchenbaus ist nichts bekannt.

Ein neuer Gedenkstein außen, an der Südseite der Peterskirche in der Nähe des ehemaligen Grabes, soll erinnern an:

Magister Philipp Friedrich Hiller
Liederdichter des Schwäbischen Pietismus und
Pfarrer in Steinheim am Albuch
von 1748 bis 1769

250 Jahre Hillers Liederkästlein
Vor 250 Jahren erschien der 1.Teil einer außergewöhnlichen Liedersammlung durch Philipp Friedrich Hiller.
Zu diesem Anlass erschien vor kurzem ein lesenswerter Artikel im „Deutschen Pfarrerblatt“.(Bitte hier klicken)
Einige kopierte Exemplare finden sich im Schriftenständer in der Kirche.

Hillers "Geistliches Liederkästlein" in der Peterskirche erhältlich!


Vor 250 Jahren erschien der erste Teil einer außergewöhnlichen Liedersammlung durch den schwäbischen Pfarrer Philipp Friedrich Hiller.
Hiller wirkte bekanntlich von 1748-1769 als Pfarrer und Liederdichter in Steinheim.
Nicht ahnen konnte er, dass er mit dem "Geistlichen Liederkästlein" eines der erfolgreichsten Lieder-und Andachtsbücher geschrieben hatte.
Selbst im 21. Jahrhundert wird es noch gerne gelesen, also ununterbrochen seit 250 Jahren - eine Erfolgsgeschichte!
Sie können das "Geistliche Liederkästlein" am Schriftenständer der Peterskirche erwerben!
Greifen Sie zu!

Quellennachweis:
Festschrift zum 200jährigen Kirchenjubiläum, Herbst 1979 „Die Peterskirche in Steinheim am Albuch
Philipp Friedrich Hiller – Gott ist mein Lobgesang – Martin Brecht (Hg.)
ISBN 3-7722-0350-7
Geistliches Liederkästlein zum Lobe Gottes, Magister Philipp Friedrich Hiller, Verlag Fleischhauer und Spohn, Reutlingen
Kirche im Königreich Württemberg 1806-1918, Hg.: Geschichtsverein der Diözese Rottenburg-Stuttgart und vom Verein für Württembergische Kirchengeschichte
ISBN 978-3-00-024565-7
Boten des Geistes, Schwäbische Geistesgeschichte und Christliche Zukunft, Lic. Emil Bock, Verlag Urachhaus Stuttgart, 3. Auflage 1955
Philipp Friedrich Hiller
www.muehlhausen-enz.de und Foto vom Geburtshaus: F. Hakius

Adalbert Feiler Casciano di Murlo, im Oktober 2011